6:45 Uhr morgens in Stuttgart-Feuerbach. Verschlafen reibt sich der erste Patient die Augen als die angehende Altenpflegerin Marie Niersberg* in Begleitung Ihrer Kollegin an sein Bett tritt. Sie lächelt den Rentner freundlich an. „Gerade wenn die alten Menschen früh aufstehen müssen, ist es ein guter Start in den Tag ihnen ein Lächeln zu schenken“, meint sie verschmitzt. Während sie mit ihm plaudert, ist Marie Niersberg beim Entkleiden behilflich. Dann beginnt sie ihn vorsichtig abzuduschen.
Anfangs sind die angehenden Altenpflegerinnen und -pfleger noch mit einem Kollegen auf Tour, um sich einzuarbeiten. „Später, mit bestandener Altenpflegehelferprüfung, bekommen unsere Azubis teilweise sogar eigene Touren“, meint Pflegedienstleiterin Claudia Kofron und ergänzt: „Im Rahmen ihrer dreijährigen Ausbildung wird den Auszubildenden stückweise immer mehr Verantwortung übertragen.“ Die Mentoren der Diakoniestation sind dabei wichtige Ansprechpartner und Anleiter der Azubis, um sie für den späteren Berufsalltag fit zu machen. Damit die Ausbildung in allen Pflegebereichen gleichermaßen gut strukturiert und organisiert ist, treffen sich die Mentoren zu einem regelmäßigen Austausch.
Auch für die Azubis kommt die Theorie nicht zu kurz. Theorie- und Praxisphasen wechseln sich während der Ausbildung zur Altenpflegerin regelmäßig ab. Die Schulphasen dauern zwischen drei und sechs Wochen.
Die Abwechslung zwischen Bankdrücken und Berufsalltag sei genau die richtige Mischung, meint Marie Niersberg. „Den Lernstoff aus der Schule kann ich bei der Arbeit gleich in die Praxis umsetzen.“ Auch für die 19-Jährige Auszubildende Julia Walter* ist die Theoriebegleitung sehr wichtig: „Hier lernen wir zum Beispiel, was wir machen sollen, wenn wir bei einem Hausbesuch die Tür öffnen und einem unserer Patienten etwas passiert ist. Bei mir ist das aber bisher zum Glück noch nie vorgekommen.“ Damit die Azubis das in der Schule Gelernte lange im Kopf behalten, versucht Claudia Kofron sie die Theorie gleich praktisch umsetzen zu lassen: „Wir achten darauf, dass unsere Azubis genau das auf ihren Touren selbst machen, was sie gerade in der Schule gelernt haben.“ Da sie anfangs immer zu zweit auf Tour gehen, können sie einen erfahrenen Kollegen bei Unklarheiten fragen. Sei es nun wie man einen Kompressionsverband anlegt, oder welche Spritzen für den Patienten geeignet sind.
Die Touren mit dem weißen Diakonieflitzer von Haushalt zu Haushalt gewähren tiefe Einblicke in verschiedene Lebenswelten. „Manchmal macht uns das Dienstmädchen auf, anderswo öffnen wir die Tür und stehen in einer sehr kahlen Wohnung“, sagt Claudia Kofron. Marie Niersberg fasziniert gerade diese Abwechslung im Berufsalltag: „Es gefällt mir so viele verschiedene Umgebungen kennenzulernen.“ 15 bis 20 Hausbesuche absolviert die Auszubildende jeden Tag. Körperlich sei die Arbeit nicht zu unterschätzen, denn das häufige Heben alter Menschen sei auf Dauer sehr anstrengend. Trotzdem scheint der Beruf jung zu halten. „Es macht wirklich sehr viel Spaß hier zu arbeiten“, betont Marie Niersberg mit leuchtenden Augen.
*Namen geändert
he / ah
Fort- und Weiterbildungen